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vulgo Krienzer
- Markterviertel 24/Am Kogl 31 - 8102 Semriach

Beschreibung
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Beschreibung

 

Bauaufnahme von Herwig Illmaier und Peter Strozer / 1980

Lage
Das Gehöft liegt in einer Mulde auf dem Hügelkamm zwischen Semriach und dem Murtal, nahe dem Krienzer Kogel (906 m). Durch diesen Standort, sowie zwei Waldstücke nord- und südseitig, ist ein relativ guter Windschutz gegeben. Die Wasserversorgung erfolgt durch eine Quelle, die nahe dem Haus liegt. In etwa 300 m Entfernung wurde ein römisches Hügelgrab aus dem 1. oder 2. Jhdt. n Chr. freigelegt. Gefundene Inschriften sowie die Lage dieses Platzes lassen darauf schließen, dass dieser Standort bereits zur Römerzeit besiedelt war. Beweise sind jedoch nicht gefunden worden.

Historisches
Eine genaue Bauzeit ist nicht bekannt, folgende Annahmen lassen aber auf eine Entstehungszeit um 1570 schließen: das Haus Schönegg 20 in Semriach, vulgo Wibner weist einen ähnlichen quadratischen Keller mit einer Mittelsäule auf. Auf diesem Gehöft war vor der Renovierung die Jahreszahl 157(3) oder 157(6) lesbar.
In Semriach, Präbichl 10, vulgo Rumpl sind bei einer annähernd gleichen Bauzeit dieselben Baumerkmale (Keller und Stützenanordnung, Küchen- und Backstubenanordnung) anzutreffen.
Die Tatsache, dass nach dem Einfall und der Verwüstung durch die Türken im Jahre 1532, in der zweiten Hälfte des 16. Jhdts. Ein „Bauboom“ erfolgte, wobei vor allem italienische Maurer in dieser Gegend ähnlich Bauweisen gebrauchten, erhärtet diese Annahme der Entstehungszeit.
Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass der gesamte Komplex in seinem jetzigen Zustand bereits im 16. Jhdt. entstand. Vielmehr ist anzunehmen, dass im Laufe der Zeit Um- und Zubauten vorgenommen worden sind. Genaue Angaben können nur über die Funktion gemacht werden.
Bis zum Jahre 1848 gehörte er zu Grundherrschaft Peggau als sogenannter „Amtshof“. Er war der Sitz des „Amtsmannes“, der von den Grundherrn als ihr örtlicher Vertreter eingesetzt worden war, um die Natural- und später Geldabgaben der Lehensbauern einzukassieren. Somit ließe sich auch die Größe des Kellers und der Getreidekammer erklären. Sie mussten den Raumbedarf des Amtmannes (der auch Bauer war) decken und außerdem Platz für die Zwischenlagerung der Abgaben bieten. Nach dieser Zeit wurde der Hof heruntergewirtschaftet. Viele Besitzerwechsel, Grundstücksverkäufe und Umbauten erfolgten. Über diese Umbauten existieren jedoch keine Unterlagen oder Zeitangaben.
Der einzige belegte Umbau erfolgte vor ca. 30 Jahren, als das originale Strohdach durch einen völlig neuen Dachstuhl mit Eternitdeckung ersetzt wurde
.

Baubeschreibung
Grundsätzlich kann das Gebäude in 3 Baukörper gegliedert werden:
1. Keller und darüber Getreidekammer, die halb in den Hang gebaut und massiv gemauert sind.
2. Der gemauerte „Turm“ mit Eingangshalle, Treppe sowie einem Zimmer und Vorraum im 1. Stock
3. Der ostseitige Teil mit Küche, Backstube und Stube, der bis auf die Wände der Backstube
als Holzblockbau ausgeführt wurde.

Die massiven Mauern der Teile 1 und 2 sind aus ca. 70 cm dickem Bruchsteinmauerwerk.
Der Holzblockbau wurde aus 14 – 16 cm dicken Balken errichtet, die an den Ecken zweifach überblattet sind. Als Decken treten überwölbte Räume und Holzbalkendecken auf. Überwölbt sind der Turm im EG und OG, Vorraum (Tonnengewölbe mit Stichkappen) sowie der Keller (4 Kreuzgewölbe mit Mittelsäule). Interessant scheint vor allem die Bauweise des Kellergewölbes zu sein. Hier wurde für das ganze Gewölbe eine Bretterschalung aufgestellt, worauf die Bruchsteine gelegt und mit dünnflüssigem Mörtel vergossen wurden. Da der Raum nicht verputzt wurde, entsteht der Eindruck eines Sichtbetongewölbes. Die Holzbalkendecken wurden in fast allen Fällen zusätzlich auf einen Tram aufgelegt. In diesem Zusammenhang wäre noch die Decke in der Küche erwähnenswert, die in einer Ecke um ca. 25 cm hochgezogen wurde, was darauf hinweist, dass es sich hier ehemals eine Rauchküche gehandelt hat.
Die Fußböden der Eingangshalle und der Backstube sind mit Steinplatten belegt, im Keller besteht der Boden aus gestampftem Lehm. Alle anderen Böden sind Holzdielenböden, teilweise noch mit Holznägeln befestigt. Die Treppenstufen sind im jetzigen Zustand aus Holz. Es dürfte sich jedoch früher um Steinstufen gehandelt haben, da sowohl die Podeste als auch die Treppe in den Dachboden abgetretene Steinplatten aufweisen.

Die Fenster sind von uneinheitlicher Größe und Bauweise.
Rahmenstockfenster, die innen an einer gemauerten äußeren Leibung angeschlagen sind, versehen mit einem Eisenkreuz. Die innere Leibung öffnet sich schräg zum Raum hin, hat eine ausgeprägte Sohlbank und einen Segmentbogen als oberen Abschluß. Nachträglich erhielten die meisten dieser Fenster zusätzlich außen ein Rahmenstockfenster (Turm und Getreidekammer).
Kastenfenster mit wuchtigen, verzapften Stöcken, die über die ganze Mauerbreite reichen und die außen und innen Fensterflügel besitzen (Nordseite).
Pfostenstockfenster von heute noch üblicher Art, außen und innen mit einfacher Verglasung sowie ebenfalls mit Eisenkreuz (Blockteil).

Von dem original Strohdach (siehe Foto) ist, wie bereits erwähnt, nichts erhalten geblieben.
Die Dachform ist jedoch annähernd die gleiche geblieben.

Ein weiteres interessantes Detail ist der Zuganker durch den Vorraum im Turm (1. OG). Er ist nämlich nicht durch den ganzen Turm gezogen sondern endet in einer Wand des Treppenhauses, woraus man auf einen nachträglichen Einbau schließen könnte.
Der bauliche Zustand des Hauses ist zur Zeit schlecht. Durch Setzungen sind große Risse aufgetreten. Auch das Gewölbe in der Eingangshalle muß bereits gestützt werden, da es vom Einbrechen bedroht ist. Türen und Fenster entsprechen wegen ihres Alters trotz hoher optischer Qualitäten den heutigen Anforderungen nicht mehr (Undichtheit und schlechte Wärmedämmung).

In unmittelbarer Nähe des Hauses befinden sich als eigene Gebäude die Holzhütte und der Schweinestall. Der Großviehstall befindet sich ca. 100 m nördlich am Waldrand. Die letztgenannten Objekte sind jedoch alle jüngeren Ursprungs und stehen mit ihren baulichen Merkmalen in keinem kausalen Zusammenhang mit dem Haupthaus.

Soziale Situation
Durch die Lage dieses Gehöfts und des Besitzes ist kaum an eine rationelle oder gar gewinnbringende Nutzung zu denken. Maschinenanschaffungen oder der Bau eines Silos ist bei der Größe des Hofes unmöglich. Die Handarbeit jedoch ist hart und bringt kaum genug zum Leben. Die einzige Tochter hat weggeheiratet und so bleibt die ganze Last der Arbeit den beiden alten Bauersleuten und ihrer noch älteren Tante. Nach dem Tod der Besitzer wird wohl der Besitz verlassen werden, da sich kaum jemand finden wird, der den Besitz übernimmt. Ein Kleinbauernlos im 20. Jhdt.

Zum Abschluß möchten wir den Bauersleuten Leo und Stefanie Jaritz für ihre Hilfe und Freundlichkeit danken, ebenso wie Herrn Dr.Robert Hesse aus Semriach, der uns behilflich war, die historischen Hintergründe dieses Baues zu klären. Unser besonderer Dank gilt natürlich auch Herrn Ex-Stud.-arch. Ulf Trenner, der uns beim Großteil unserer Aufmassarbeiten behilflich war.